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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 25.11.2003
Aktenzeichen: 3 Bs 217/03
Rechtsgebiete: VwGO, AuslG, HmbVwVfG


Vorschriften:

VwGO § 123 Abs. 1
AuslG § 69 Abs. 3
HmbVwVfG § 3 Abs. 2 Nr. 3 lit. a)
1. Gesteht die Ausländerbehörde dem Ausländer den Status eines vorläufig erlaubten Aufenthalts nach § 69 Abs. 3 AuslG nicht zu, ist diesem vorläufiger Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO durch einen feststellenden Ausspruch nicht anders als in dem rechtsähnlichen Fall zu gewähren, dass eine Behörde die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Klage gegen einen Verwaltungsakt nach § 80 Abs. 1 VwGO nicht beachtet.

2. Die Erlaubnisfiktion gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 AuslG auszulösen vermag ein Antrag auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung auch dann, wenn die örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörde, bei der der Ausländer den Antrag stellt, Zweifeln begegnet, die näherer tatsächlicher oder rechtlicher Klärung bedürfen.

3. Die Geltung der Erlaubnisfiktion nach § 69 Abs. 3 Satz 1 AuslG beenden kann erst eine Entscheidung der Ausländerbehörde, die der in § 66 Abs. 1 Satz 1 AuslG vorgeschriebenen Schriftform genügt.


3 Bs 217/03

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Pradel, Fligge und Korth am 25. November 2003 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 6. Mai 2003 geändert.

Es wird festgestellt, dass der Aufenthalt der Antragsteller bis zur Entscheidung der Antragsgegnerin über deren Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltsbefugnisse vom 14. November 2002 im Sinne des § 69 Abs. 3 Satz 1 AuslG als erlaubt gilt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens tragen die Antragsteller zu zwei Dritteln und die Antragsgegnerin zu einem Drittel.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und für das Verfahren erster Instanz auf jeweils 15.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die vom Verwaltungsgericht im Wege einstweiliger Anordnung ausgesprochene Verpflichtung, die Aufenthaltsbefugnisse der Antragsteller für zunächst ein Jahr zu verlängern.

Die Antragsteller sind irakische Staatsangehörige. Die Antragsteller zu 1) und zu 2) sind Eheleute, die Antragsteller zu 3) bis 5) ihre leiblichen Kinder; die Antragstellerin zu 3) ist seit Februar 2003 volljährig. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge traf 1996 die Feststellung nach § 51 Abs. 1 AuslG, dass die Antragsteller nicht in den Irak abgeschoben werden dürfen. Die Antragsteller sind im Besitz von Reiseausweisen. Sie erhielten Aufenthaltsbefugnisse gemäß § 70 Abs. 1 AsylVfG, zunächst vom Landkreis B. D. , seit ihrem Umzug nach C. im Dezember 1998 von der dortigen Ausländerbehörde, zuletzt mit einer Geltungsdauer bis zum 15. Dezember 2002. Eine räumliche Beschränkung war darin nicht verfügt.

Am 27. Juni 2002 zogen die Antragsteller von C. nach H. . Sie mieteten eine Wohnung an. Die Antragsteller zu 3) bis 5) nahmen den Schulbesuch auf. Die Antragsteller zu 1) und zu 2) erhielten zunächst Arbeitslosenhilfe, daneben Mietzuschüsse und ergänzende laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Sie sind nach ihrem Vorbringen seit Ende August 2003 bzw. Anfang November 2003 in unbefristeten Arbeitsverhältnissen (Probezeit) beschäftigt und beziehen gegenwärtig keine Sozialhilfeleistungen mehr.

Die Antragsgegnerin fügte am 24. Oktober 2002 in die Aufenthaltsbefugnisse der Antragsteller den Zusatz "Wohnsitznahme auf die Stadt C. beschränkt" ein. Gleichzeitig forderte sie die Antragsteller schriftlich auf, sich in H. abzumelden und ihren Wohnsitz in C. zu nehmen.

Die Antragsteller erhoben mit Schreiben vom 14. November 2002 Widerspruch: Ihnen seien in C. Aufenthaltsbefugnisse ohne eine räumliche Beschränkung erteilt und verlängert worden, so dass sie nach H. hätten umziehen dürfen. Die Antragsgegnerin sei nicht befugt, nachträglich räumliche Beschränkungen zu verfügen, die allein ein anderes Bundesland beträfen. Die Beschränkung der Wohnsitznahme verletze überdies das Diskriminierungsverbot der Genfer Flüchtlingskonvention sowie das Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention. - In dem Widerspruchsschreiben beantragten sie zugleich die Verlängerung der Aufenthaltsbefugnisse um zwei Jahre.

Die Antragsgegnerin wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 17. und 21. März 2003 zurück. Den Verlängerungsantrag beschied sie darin nicht. Zur Wohnsitzbeschränkung führte sie aus: Die Aufenthaltsbefugnis dürfe auch nachträglich auf das die Aufenthaltsbefugnis erteilende Bundesland räumlich beschränkt werden, wenn die Befugnisinhaber Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz oder dem Asylbewerberleistungsgesetz bezögen (Nummer 12.1.3 AuslG-VwV).

Die Antragsteller haben am 22. April 2003 Klage erhoben mit den Klaganträgen, die Beschränkung der Wohnsitznahme aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Reiseausweise und die Aufenthaltsbefugnisse zu verlängern (21 VG 1617/2003). Sie haben daneben den Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend die Verlängerung der Reiseausweise und der Aufenthaltsbefugnisse beantragt.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 6. Mai 2003 festgestellt, dass die räumliche Beschränkung des Aufenthaltsrechts auf die Stadt C. gegenüber den Antragstellern gemäß § 80 Abs. 1 VwGO gegenwärtig keine Wirksamkeit entfalte, und die Antragsgegnerin verpflichtet, die Aufenthaltsbefugnisse der Antragsteller für zunächst ein Jahr zu verlängern.

Die Antragsgegnerin rügt mit der Beschwerde, die Verpflichtung zur Verlängerung der Aufenthaltsbefugnisse verletze das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache. Es fehle zudem bereits an einem streitigen Rechtsverhältnis: Die Antragsteller hätten gegen die ihnen mündlich eröffnete Ablehnung des Verlängerungsantrags Widerspruch bisher nicht erhoben. In der Sache selbst macht die Antragsgegnerin geltend, sie sei zur Verlängerung der Aufenthaltsbefugnisse örtlich nicht zuständig, weil ein gewöhnlicher Aufenthalt der Antragsteller in H. nicht bestehe und nicht bestanden habe. Ausländer hätten in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt an dem Ort, an dem sie nicht nur vorübergehend verweilten, vorausgesetzt, dass nach dem Ausländerrecht und der Handhabung des einschlägigen Ermessens damit zu rechnen sei, dass sie dort auf unabsehbare Zeit bleiben könnten. Da die verfügte räumliche Beschränkung der Aufenthaltsbefugnisse der Antragsteller rechtmäßig sei, sei nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens und damit in absehbarer Zeit mit einer Rückkehr der Antragsteller nach S. zu rechnen. Die aufschiebende Wirkung der Klage könne nicht dazu führen, dass allein durch die Dauer des Klagverfahrens für die Zukunft ein gewöhnlicher Aufenthalt geschaffen werde.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 6. Mai 2003 aufzuheben, soweit die Antragsgegnerin darin verpflichtet wird, die Aufenthaltsbefugnisse der Antragsteller für zunächst ein Jahr zu verlängern,

2. gemäß § 149 Abs. 1 S. 2 VwGO die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses bis zur Entscheidung über die Beschwerde auszusetzen.

Die Antragsteller beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragsteller haben im Hinblick auf den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts eine Bescheinigung der Antragsgegnerin dahin erhalten, dass die wohnsitzbeschränkende Auflage bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens keine Wirksamkeit entfalte und die Antragsteller so zu stellen seien, als seien sie im Besitz von Aufenthaltsbefugnissen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist teilweise begründet. Die Beschwerde hat Erfolg, soweit sie die im Wege einstweiliger Anordnung ausgesprochene Verpflichtung zur Verlängerung der Aufenthaltsbefugnisse der Antragsteller angreift. Diese Anordnung nimmt, ohne dass dies ausnahmsweise geboten wäre, unzulässig die Hauptsache vorweg (1.). Die Beschwerde führt aber nicht dazu, dass den Antragstellern vorläufiger Rechtsschutz überhaupt zu versagen wäre. Die Antragsteller sind vielmehr durch die Feststellung zu schützen, dass ihr Aufenthalt bis zur Entscheidung der Antragsgegnerin über die Verlängerung der Aufenthaltsbefugnisse gemäß § 69 Abs. 3 AuslG als erlaubt gilt (2.). Mit der Entscheidung über die Beschwerde erledigt sich der Antrag nach § 149 VwGO.

1. Die vom Verwaltungsgericht erlassene einstweilige Anordnung kann keinen Bestand haben, weil sie zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf die von den Antragstellern begehrte Verlängerung ihrer Aufenthaltsbefugnisse nicht nötig ist (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

Die Beschwerde hat allerdings nicht bereits deshalb Erfolg, weil zwischen den Beteiligten - wie die Antragsgegnerin meint - kein streitiges Rechtsverhältnis bestünde. Die Antragsteller halten an ihren Anträgen vom 14. November 2002 auf Verlängerung der Aufenthaltsbefugnisse durch die Antragsgegnerin fest und finden sich nicht mit der behaupteten mündlichen Versagung ab. Sie haben mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 9. April 2003 ausdrücklich auf einer Bescheidung der Verlängerungsanträge bestanden. Die Versagung der Aufenthaltsgenehmigung bedarf gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 AuslG der Schriftform. Eine Entscheidung in dieser gesetzlich bestimmten Form steht aus. Soweit einer mündlichen Versagung nicht überhaupt jede Rechtswirkung fehlt, wäre der von der Antragsgegnerin vermisste Widerspruch der Antragsteller gegen die mündliche Bescheidung in dem Schreiben des Bevollmächtigten vom 9. April 2003 zu sehen.

Die Antragsgegnerin rügt aber zu Recht, dass die erlassene einstweilige Anordnung unzulässig die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnimmt. Die angeordnete Verlängerung der Aufenthaltsbefugnisse um ein Jahr stellt keine Regelung eines nur vorläufigen Zustands mehr dar. Die Antragsteller würden damit für einen erheblichen Zeitraum bereits den erstrebten Aufenthaltstitel selbst erhalten, zu dessen Erteilung das Gericht die Antragsgegnerin allein im Hauptsacheverfahren verpflichten darf. Die verfassungsrechtliche Garantie effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG gebietet hier nicht ausnahmsweise ein Hinausgehen über die dem Verfahren der einstweiligen Anordnung gezogene Grenze einer nur vorläufigen Regelung. Eine derartige Ausnahme kann geboten sein, wenn der Rechtsschutzsuchende eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rechtzeitig erwirken kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.8.1999, BVerwGE Bd. 109 S. 258) oder für ihn ohne eine den geltend gemachten Anspruch vorab befriedigende Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage sein würde (vgl. auf dem Gebiet des Ausländerrechts OVG Berlin, Beschl. v. 19.7.2000, InfAuslR 2001 S. 81). Derartige Umstände fehlen hier. Die Antragsteller erleiden keine unzumutbaren Nachteile, wenn sie die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbefugnisse erst im anhängigen Klagverfahren erstreiten können. Die nachträgliche räumliche Beschränkung der Wohnsitznahme auf die Stadt Chemnitz ist gegenwärtig nicht vollziehbar, weil die insoweit erhobene Anfechtungsklage gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung hat. In Bezug auf die Verlängerung der im Dezember 2002 durch Fristablauf erloschenen Aufenthaltsbefugnisse greift, wie sogleich näher auszuführen ist, zur Regelung des vorläufigen Aufenthaltsstatus die Vorschrift in § 69 Abs. 3 Satz 1 AuslG ein, wonach der Aufenthalt der Antragsteller bis zur Entscheidung über den Verlängerungsantrag als erlaubt gilt. Versagt die Antragsgegnerin die Verlängerung, bleibt für die Ausgestaltung des vorläufigen Rechtsschutzes die Erlaubnisfiktion des § 69 Abs. 3 AuslG maßgebend, wenn das Gericht auf den entsprechenden Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hin die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage gegen die Versagung anordnet (§ 72 Abs. 1 AuslG, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO). Es besteht kein Anlass, die Antragsteller über die Grenzen der Erlaubnisfiktion hinaus durch Vorwegnahme der Hauptsache vor Nachteilen zu schützen.

2) Dem Rechtsschutzbegehren der Antragsteller ist mit der Feststellung zu entsprechen, dass ihr Aufenthalt bis zur Entscheidung der Antragsgegnerin über die Verlängerung der Aufenthaltsbefugnisse gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 AuslG als erlaubt gilt.

Der auf die Verlängerung der Aufenthaltsbefugnisse gerichtete erstinstanzliche Antrag, dem wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren der Erfolg versagt bleiben muss, enthält als ein Minus das Sachbegehren der Antragsteller, (jedenfalls) das Bestehen der Erlaubnisfiktion gemäß § 69 Abs. 3 AuslG festzustellen. Für eine solche Feststellung besteht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragsgegnerin gesteht den Antragstellern den Status eines vorläufig erlaubten Aufenthalts nach § 69 Abs. 3 AuslG nicht zu. Die ihnen erteilte Bescheinigung sieht vielmehr von der Anknüpfung an diese Vorschrift gerade ab und soll ausdrücklich allein der vom Verwaltungsgericht erlassenen Anordnung Rechnung tragen. - Vorläufiger Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO ist in dieser Situation durch einen feststellenden Ausspruch nicht anders als in dem rechtsähnlichen Fall zu gewähren, dass eine Behörde die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Klage gegen einen Verwaltungsakt nach § 80 Abs. 1 VwGO nicht beachtet.

Die Voraussetzungen des § 69 Abs. 3 Satz 1 AuslG liegen vor:

Die Antragsteller hielten sich im Zeitpunkt der Antragstellung länger als sechs Monate rechtmäßig im Bundesgebiet auf (§ 69 Abs. 3 Satz Nr. 1 AuslG). Sie waren im Besitz von Aufenthaltsbefugnissen, die ihnen die Ausländerbehörde der Stadt C. zuletzt im Dezember 2000 mit einer Geltungsdauer bis zum 15. Dezember 2002 befristet verlängert hatte.

Der Verlängerungsantrag hat die Erlaubnisfiktion ausgelöst. Die Antragsgegnerin verneint eine solche Wirkung mit der Begründung, dieser Antrag sei ihr gegenüber nicht bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde gestellt. Diese Begründung ist nicht tragfähig. Das Beschwerdegericht braucht dazu die zwischen den Beteiligten streitige Frage der örtlichen Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die Verlängerung der Aufenthaltsbefugnisse nicht zu klären. Die Erlaubnisfiktion auszulösen vermag ein Antrag auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung auch dann, wenn die örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörde, bei der der Ausländer den Antrag stellt, Zweifeln begegnet, die näherer tatsächlicher oder rechtlicher Klärung bedürfen (in gleichem Sinne OVG Münster, Beschl. v. 27.7.2001, InfAuslR 2001 S. 515). Dem gesetzlichen Status des vorläufig weiterhin als erlaubt geltenden Aufenthalts kommt die Funktion einer vorläufigen Rechtsschutzgewähr zu. Dieses Schutzes bedarf der Ausländer, bei dem die Voraussetzungen nach § 69 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 oder 2 AuslG vorliegen, auch dann, wenn seinem Begehren aus der Sicht der Ausländerbehörde schon Gründe des formellen Rechts, zu denen die fehlende örtliche Zuständigkeit gehört, entgegenstehen. Diese hat es in der Hand, den bei ihr gestellten Antrag wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit abzulehnen und die Erlaubnisfiktion damit zunächst zu beenden. Es ist dann Sache des Ausländers, sich mit dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO an das Verwaltungsgericht zu wenden, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage gegen die Versagung anzuordnen (§ 72 Abs. 1 AuslG, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO). Ob der Rechtsschutzmechanismus der Erlaubnisfiktion in Fällen nicht mehr sachgerecht wäre, in denen die örtliche Unzuständigkeit der Ausländerbehörde offensichtlich und die Antragstellung bei ihr darum rechtsmissbräuchlich ist, bedarf keiner Entscheidung. Hier besteht jedenfalls ein sachlich begründeter Streit zwischen den Beteiligten über die örtliche Zuständigkeit. Es kommt bei überschlägiger Prüfung durchaus in Betracht, dass die Antragsteller mit ihrem Umzug nach Hamburg Ende Juni 2002 hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) HmbVwVfG begründet haben und an dessen Fortbestand auch die am 24. Oktober 2002 verfügte nachträgliche Beschränkung der Wohnsitznahme auf die Stadt Chemnitz nichts geändert hat. - Ausschlussgründe nach § 69 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Nrn. 2 und 3 AuslG stehen dem Eintritt der Fiktionswirkung nicht entgegen.

Die Erlaubnisfiktion nach § 69 Abs. 3 Satz 1 AuslG besteht schließlich auch gegenwärtig fort. Ihre Geltung beenden kann erst eine Entscheidung der Antragsgegnerin, die der in § 66 Abs. 1 Satz 1 AuslG vorgeschriebenen Schriftform genügt. Dies folgt aus dem systematischen Zusammenhang beider Vorschriften. § 66 Abs. 1 AuslG ordnet die Schriftform ausdrücklich für den Verwaltungsakt der Versagung der Aufenthaltsgenehmigung an. Die zwingende Schriftform dient der Rechtssicherheit. Löst der Verwaltungsakt über seinen eigentlichen Regelungsgegenstand hinaus Rechtswirkungen aus, gewährleistet die Schriftform, dass der Eintritt der Entscheidungswirkungen eindeutig bestimmt und dokumentiert ist. Diese Funktion ist im Falle der Versagung der Aufenthaltsgenehmigung unverzichtbar, soweit es um deren einschneidende Wirkung für die Geltungsdauer des vorläufig erlaubten Aufenthalts nach § 69 Abs. 3 Satz 1 AuslG geht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Antragsteller sind unterlegen, soweit sie eine auf die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbefugnisse gerichtete einstweilige Anordnung begehren. Die Antragsgegnerin unterliegt, soweit sie das Bestehen der Erlaubnisfiktion bestreitet. Das Maß des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten bestimmt der Senat pauschalierend nach dem Verhältnis der Streitwertanteile, die auf diese beiden Dimensionen des begehrten vorläufigen Rechtsschutzes entfallen. Ein auf die Feststellung des Bestehens der Erlaubnisfiktion begrenztes Begehren wäre für jeden der fünf Antragsteller mit 1.000,-- Euro zu bemessen gewesen. Die beantragte Anordnung, die Antragsgegnerin zur Verlängerung der Aufenthaltsbefugnisse zu verpflichten, ist dagegen wegen der erstrebten Vorwegnahme der Hauptsache je Antragsteller mit einem Wert von 3.000,-- Euro (drei Viertel des Werts der Hauptsache von 4.000,-- Euro) anzusetzen. Dem entspricht es, die Kosten dahin zu teilen, dass die Antragsteller zwei Drittel und die Antragsgegnerin ein Drittel der Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen haben.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 20 Abs. 3, 13 Abs. 1, § 25 Abs. 2 S. 2 GKG. Neben dem mit 3.000,-- Euro je Antragsteller zu bewertenden Verlängerungsbegehren setzt der Senat einen Streitwertanteil für die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Beschränkung der Wohnsitznahme nicht an. Eine solche Feststellung hatten die Antragsteller im Verfahren erster Instanz nicht begehrt. Die Antragsgegnerin hat den Beschluss des Verwaltungsgerichts insoweit mit der Beschwerde nicht angegriffen.

Ende der Entscheidung

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